Samstag, 7. März 2015
Perl of the hill country - Haputale
Colombo, Peetah, zentraler Busbahnhof: Im Gewirr von mehr als 60 Buslinien entdecke ich meinen Bus #99 mit Ziel Badulla. Auf dem Weg liegt das Dorf Haputale. Mit deutscher Betonung ausgesprochen, erntet man nur ein verständnisloses Lächeln. Mit schwäbischer Intonierung, Hapuutele, nickt der Busfahrer eifrig. Nach einem Kilometer hält er an einer kleine Buddha-Statue an. Der Schaffner wirft eine Münze ein und betet kurz. Schutzengel brauchen die Busfahrer bei einer Fahrweise, die der Formel 1 ähnelt: Um jede Sekunde wird gekämpft. Busse und Lkws sind die uneingeschränkten Herren der Straße. Immer wird überholt, auch in uneinsichtigen Kurven. Die schwächeren Verkehrteilnehmer müssen dann halt auf den staubigen Rand ausweichen. Die lautstarke luftdruckunterstütze Hupe hat ja das Kommen rechtzeitig angekündigt. Vollbremsungen schütteln die stehenden Fahrgäste gewaltig durcheinander und reißen die Sitzenden von ihren Plätzen. Obwohl noch Fahrgäste einsteigen, wird losgefahren. Jede Sekunde zählt. Zur Ablenkung laufen überlaute Musikvideos. Der Preis ist unschlagbar: umgerechnet 2,40 Euro für aufregende 180 km.



Die Landschaft ist schön und abwechslungsreich: Reisfelder, Kautschukplantagen, Cashewnuss-Bäume, Zimtsträucher und jede Menge Kokusnusspalmen. Nach 4 Stunden Raserei wird gemütlich eine halbe Stunde Pause gemacht. Steil geht es dann nach oben, die Teeplantagen beginnen. Eine große Moschee kündigt Haputale an. Im Dorf leben zur Hälfte buddhistische Singhalesen und moslemische Moors.





Spektakulär schmiegt sich Haputale an den Dambatenne-Kamm. Nach Süden reicht der Blick weit in die Tiefebene, nach Norden in die Bergwelt des hill country. Am Nachmittag kondensiert die feuchte Luft vom Indischen Ozean, gewaltige Wolken ziehen auf und es regnet dann.





Von Haputale führt eine abenteuerliche Bahnfahrt nach Nureliya durch 47 Tunnel entlang eines Kammes oder noch spektakulärer schlängelnd nach Süden durch die Teeplantagen nach Ella.







Die Wanderung zum Lipton's Seat entwickelte sich zu einer feuchten Angelegenheit. Erst zog Nebel auf, dann kamen tief-schwarze Wolken. Es schüttete wie aus Wassereimern. Eine kalte Feuchtigkeit kroch in die Klamotten. Ich wünschte mir doch tatsächlich etwas von der schwülen Luft Colombos. Die Rettung nahte: eine überfüllte mollig warme Teestube. Eine Gruppe Inder aus Bangalore hatte vorgewärmt, der heiße süße Milchtee schmeckte unverhältnismäßig gut. Und dann tauschten wir uns über Bangalore aus. Die Erinnerung an die 4 Jahre in der südindischen Stadt lebten wieder auf.







8 bis 10 Stunden brauchen die tamilischen Teepflückerinnen bis sie 15 kg Teeblätter geerntet haben und bekommen dann gerade mal umgerechnet 2 Euro. Die Männer schuften ebenfalls für wenig Geld in den Plantagen. Mitte des 19. Jahrhunderts heuerten die Engländer Zehntausende niedrigkastige und kastenlose Tamilen aus Indien an, da sie bereit waren für ein paar Rupie weniger zu arbeiten als die Einheimischen. Bis heute werden diese Bergtamilen von allen andern Ethnien diskriminiert. Eine dieser unsäglichen Völkerverschiebungen der Kolonialherren. Nach der Unabhängigkeit hatten sie zunächst keine Staatsangehörigkeit. Erst ein Vertrag mit Indien „repatriierte“ die Hälfte nach Tamil Nadu, die anderen durften bleiben. Selbst die Sri Lanka-Tamilen zeigten keine Solidarität. Diese wanderten schon vor über 2000 Jahren ein und hatten über viele Jahrhunderte eigene Königreiche im Norden und Osten und eine eigene Kultur entwickelt. Die Bergtamilen wohnen isoliert in kleinen Dörfern innerhalb der Teeplantagen, oft in bitterer Armut.

https://www.youtube.com/watch?v=ZS2LhYna44M





Langsam schleicht die Kälte ins Zimmer. Gestern in Colombo waren es 28 Grad, jetzt nur noch 15 Grad. Und Außentemperatur ist gleich Innentemperatur. Das wichtigste Utensil des Zimmers ist die dicke Decke. Kann ich in Colombo auf das Zudecken verzichten, ziehe ich hier die Decke hoch bis zum Hals. Wie im deutschen Winter, nur dass zur Mittagszeit einen 24 Grad erwärmen und verwöhnen.