Mittwoch, 18. März 2015
Ayubowan
Ayubowan [aibowan] ist die formale höfliche Begrüßung mit den zusammengelegten Händen vor der Brust und bedeutet soviel wie „ein gesundes glückliches Leben“. Praktischerweise nimmt man es auch zum Abschied.

Die letzten Zeilen des Abschlussberichts und die Zusammenfassung sind fertig. Der Bedarf an Unterstützung bei Marketing, einfacher Preisgestaltung und Buchführung sowie die aktuellen technischen Entwicklungen für Kleinunternehmen ist groß. Das Finden eines lokalen Partners in Sri Lanka ist aufwändiger als gedacht, es gibt nur wenig vielversprechende Kontakte. Der größte Handlungsbedarf besteht im Norden, Jahrzehnte abgeschnitten durch den Bürgerkrieg. Ein MECC-Büro in Jaffna ist mein Vorschlag, die Kosten für Büro und Mitarbeiter liegen vor. Ich bin gespannt, wie es weiter geht.

20.38 Uhr. Fast pünktlich legt die Triple Seven vom Fluggaststeg ab. Schon 5 Minuten später startet Flug EK653 in den Nachthimmel. Noch ein paar Palmen am Flughafenrand und schon sind wir über dem tiefschwarzen Indischen Ozean und die Gedanken fliegen zurück. Da sind die offenen gastfreundlichen Menschen, der armenische Arzt mit den Insider-Tipps, der 86-jährige Weltenbummler aus Zürich, der Vorarbeiter, der von der mühevollen Arbeit in den Teeplantagen berichtet, der Journalist aus Jaffna mit seiner Version des Bürgerkriegs, der Fischer, der mir unbedingt zwei Hummer verkaufen will, die Teilnehmer am Sinhala-Kurs, die Solotänzerin vom Garden Hindu Kovil,...







Das diffus-gelbliche Licht der Äquatorsonne bei Sonnenaufgang und Sonnenuntergang verzaubert eine unglaublich vielfältige Landschaft.







Wo kann man innerhalb eines Tages die größten Säugetiere der Welt beobachten? Die Blauwale bei Mirissa und eine große Elefantenherde im Udawalawe-Nationalpark. Beim Frühstück besuchen einen Streifenhörnchen und grüne Papageien. Die Äffchen im Zimmer sorgen jedoch für etwas Unordnung.









Auf Kriegsfuß stand ich nur mit der Wäscherei. Nach jedem Waschgang waren T-shirts, Hemden und Hosen eingegangen. Oder habe ich zugenommen? Waagen gibt es keine. Vielleicht ist dreimal am Tag warmes Essen doch zu viel. Morgens Stringhoppers mit Curry, mittags Reis mit Curry und abends Hoppers mit Curry. Nicht nur ein Curry, sondern mindestens sechs verschiedene. Curry heißen die sämigen Soßen mit Gemüse, Fisch oder Fleisch. Bananenblüten-Curry, Mango-Curry, Jackfruit-Curry, Eier-Curry bis hin zu Curries mit allen Fisch- und Fleichvarianten – eine unüberschaubare Anzahl. Die Gewürze in der richtigen Menge und zum richtigen Zeitpunkt dazugeben, lehrt die Mutter schon die kleine Tochter. „Sonst bekommst du keinen Mann“, heißt es. Ein warmes Gericht musste ich leider streichen, abends gab es dann nur gegrillten Fisch mit Salat... Ein Muss ist das Essen mit Fingern, dann schmeckt es noch besser. Wie mir der Ayurveda-Arzt erklärte, werden bei jedem Bissen die empfindlichen Fingerkuppen mit der Zunge berührt, die Verdauung wird aktiviert, die Geschmacksknospen werden sensibilisiert.











Das alles werde ich vermissen, auch die Zugfahrten an der offenen Tür. Aber ich komme bald wieder. Ich habe ja einen Zahnarzttermin...

Ayubowan.

... link


Dienstag, 17. März 2015
Der heilige Berg Sri Lankas - Adam's Peak
3.30 Uhr nachts. Wir sitzen in einem zugigen Teashop, verschwitzt, müde, hungrig. Seit 2 Uhr sind wir unterwegs, 500 Höhenmeter und 1500 Stufen hinter uns. Aber es ist erst die Hälfte geschafft, der steile Anstieg steht uns noch bevor. Warum nur habe ich mich überreden lassen? Zwei erholsame Tage in Kandy, entspannt am Pool abhängen und chillen, etwas schwimmen, lesen, einkaufen und ein Weißbier in der Slightly Chilled Lounge, so hatte ich es geplant. Aber Pierre aus Luzern schwärmte vom Adam's Peak, und einer symbolträchtigen Pilgertour. Pierre ist gut ausgerüstet: feste Wanderschuhe, warme Wanderhose, Funktionswäsche und einen gefütterten Anorak, dazu Stirnlampe, Taschenlampe und Batterien. Fehlen nur Steigeisen und Schneeschuhgamaschen, denke ich schmunzelnd. Mit einfachen Tevas, einer dünnen Dreiviertelhose, einem T-shirt und Hemd sowie dem zusammengefalteten Regenschutz, halte ich dagegen. Eisige 10 Grad sollen es auf dem Gipfel in 2246 m Höhe sein und die Kälte kämpft sich schon vor.





Nach zwei Tassen übersüßtem Milchtee, einer Packung Keks und der ansteckenden fröhlichen Stimmung der Pilger fällt der weitere Aufstieg auf einmal leicht. Ich komme gewaltig ins Schwitzen, bin eher froh über den kühlen Wind. Der Weg ist durchgehend beleuchtet, die Pilger laufen barfuß oder mit Badelatschen. Vom Neugeborenen bis zum Greis, alles ist unterwegs und kämpft sich Stufe um Stufe nach oben. Am Schlussanstieg wird das Gedränge groß. An Wochenenden und noch schlimmer an Vollmondtagen herrscht hier ein unbeschreibliches Chaos, der Aufstieg dauert doppelt so lange, die guten Plätze zum Fotografieren sind vergeben. Wir sind locker um 5.30 Uhr oben, hinter schützenden Mauern mit vergoldeten Pfeilern und warten gespannt.









Um 6.11 Uhr blinzelt der erste Sonnenstrahl. „Hari, hari, hari“, rufen die Gläubigen, Glocken läuten, viele Chanten und bejubeln den Sonnenaufgang, eine ergreifende Stimmung. Wir drängeln uns noch auf die Westseite um den berühmten kegelförmigen Schatten des Adam's Peak zu bewundern. Der eigentliche Grund für den mühevollen Aufstieg ist eine ca. 2 m lange Vertiefung im Fels oben auf dem Gipfel behütet durch einen kleinen Tempel. Buddhisten halten das für Buddhas Fußabdruck, für Hindus war es Shiva, für Muslims Adam und für die katholischen Portugiesen der Apostel Thomas. Ein schönes Symbol wie einträchtig die vier Weltreligionen auskommen können. Oberhalb des Gipfels auf der Metaebene verschwinden dann die Unterschiede vollens.









... link


Montag, 16. März 2015
Gibt's hier Strand und Meer?
Ja, es gibt Meer und Strände hier: mondäne, einsame, flache, mit viel Brandung, felsige, kilometerlange, steinige, feinsandige,... Mit der Brandung spielen macht Spaß, aber dahinter ist die Strömung gefährlich, wie ich leidvoll erfahren musste.
Einen gegrillten Fisch mit Salat im schattigen Strandrestaurant Genie, den Sonnenuntergang beobachten, den Strand barfuß entlang schlendern, den Wellen lauschen, toll. Aber freiwillig stundenlang in der Äquatorsonne liegen, kann ich nur schwer nachvollziehen.



















... link


Chinese Seduce - die chinesische Verführung
Seit 3 Stunden stehe ich im Zug von Haputale nach Kandy. Schon vor einer Woche gab es keine reservierten Plätze mehr. Es ist Independence Day, ganz Sri Lanka ist unterwegs. Ich stehe an der offenen Türe und versuche mich zu setzen. Nicht einfach, wenn draußen noch 2 hängen. Aber die Stimmung ist gut, ausgelassen, es wird gesungen und gegrölt.

https://www.youtube.com/watch?v=Gugl919a4Z4&feature=youtu.be













Nach 6 Stunden ist meine Kehle ausgedörrt wie die Sahara. Das kühle Weißbier in der Slighly Chilled Lounge erscheint vor meinem geistigen Auge. In Kandy angekommen, führt mich mein erster Weg zu Michel. Ich bin sprachlos. Kein Mensch in der sonst überfüllten Lounge. Ich habe eine unangenehme Vermutung. Gestern war Vollmondtag - alkoholfrei und heute? No beer today, Sir, sorry.



Unten spricht mich ein Tout an: Do you want beer in dungeon? Why not? Am Eingang zum Keller muss man sein Handy abgeben, wie die Cowboys ihre Colts. Innen schön kühl, sanfte Partymusik. Überall nur Tassen zu sehen. Beer? Ich nicke eifrig. Schon kommt ein hoher Becher und eine Teekanne aus der sich Bier ergießt. Die Mädels nippen begeistert an kleinen chinesischen Teetassen mit einer goldgelben Flüssigkeit. Chinese Seduce - chinesische Verführung heisst der Cocktail. Zuerst kommt ein Eiswürfel ins Tässchen, dann die Geheimmixtur. Ein beliebtes Thema ist, dem Geheimnis auf die Spur zu kommen. Mangosaft, Zucker und Arrak stellt sich als Mehrheitsmeinung heraus. Und es schmeckt umwerfend gut. Der lange Abend endet sehr beschwingt...



In einer aufwändigen systematischen Versuchsreihe habe ich selbstlos das Geheimnis gelüftet. Hier das absolute Cocktail-Rezept für heiße Abende:

5 cl Arrak (destilliert aus dem Blütensaft der Palmen)
2 cl Mangosaft (möglichst frisch gepresst)
2 Teelöffel weißen feinen Zucker

Alles gut schütteln... Einen Eiswürfel ins Longdrinkglas, den Cocktail drüber gießen. Der erste Schluck ist der beste, dann wird es etwas dünner...

... link